Krisen als Chance begreifen

Prof. Clemens Fuest plädiert für mehr Flexibilität und Resilien

Weltweit stehen große Veränderungen bevor – Klimakrise, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demografischer Wandel und Migration sind Transformationen, die längst begonnen haben. Dazu kommen die historischen Turbulenzen von Pandemie, Krieg und Erdbeben. Die Tourismusbranche sollte diese besonderen Herausforderungen als Chance begreifen, sagte Prof. Clemens Fuest vom ifo Institut auf der ITB Berlin 2023: „Wir alle müssen flexibler und belastbarer werden – und das muss sich auch in Produkten widerspiegeln.“

„Dabei müssen wir uns fragen, wie wir die notwendigen Transformationen bisher bewältigt haben“, provoziert Clemens Fuest. Sein Fazit war, dass die Resonanz in vielen Bereichen leider nicht sehr überzeugend sei. Zudem führten die aktuellen Krisen dazu, dass Unternehmen überall ums Überleben kämpften und teilweise keine langfristigen Strategien mehr in Sicht waren. Bei der Digitalisierung beispielsweise sei Deutschland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone, weder weltweit noch in Europa Vorreiter, kritisierte Fuest: „Da haben wir keinen guten Job gemacht.“

Jetzt sei es an der Zeit, aus der Krise zu lernen. Weitere Pandemien und neue internationale Konflikte, die sich auf eine anfällige Tourismusbranche auswirken könnten, könnten jederzeit auftreten. Unternehmen mussten ihre Portfolios anpassen, um flexibel auf Krisen reagieren zu können. Auch finanzielle Widerstandsfähigkeit war ein Muss, um in turbulenten Zeiten bestehen zu können. „Die bestmögliche Vorbereitung auf eine Krise kann eine schnelle Erholung gewährleisten, wenn sich die Umstände ändern“, sagte Fuest.

Es musste auch weniger krisenanfällige Produkte geben. Fuest: „Mountainbike-Reisen im deutschen Mittelgebirge waren weniger von Grenzschließungen betroffen als beispielsweise Pauschalreisen.“ Diese Ansätze müssten Unternehmen künftig stärker in ihrem Portfolio berücksichtigen.

Nachhaltigkeit war ein Herzensthema der Kunden – der Klimawandel wurde vielerorts als extreme globale Krise verstanden. Aber sehr oft gab es mehr Greenwashing als echtes Handeln. „Wir machen uns oft grüner, als wir sind“, kritisierte Fuest. Es wurde zu wenig auf Dinge geachtet, die wirklich zählten und einen Unterschied machten, sondern auf Gütesiegel und Erklärungen, die Augenwischerei schafften.

Professor Harald Pechlaner vom Fachbereich Tourismus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt ergänzt: „Unternehmen werden es schwer haben, wenn sie nicht belastbar und robust sind.“ Man müsse das Unmögliche schaffen, in die Vergangenheit zu blicken und gleichzeitig eine Vision zu haben die Zukunft, ohne der Illusion zu erliegen, dass alles wieder so wird wie früher. Es gab kein Zurück. „Die Menschen werden in Zukunft ärmer sein, die Preise werden nicht auf das vorherige Niveau zurückkehren“, sagte Fuest. Für kleine Budgets mussten neue Produkte her. Gleichzeitig müsse die Tourismusbranche auf die Babyboomer achten: „Diese Generation will reisen – und hat Geld.“

WAS SIE AUS DIESEM ARTIKEL MITNEHMEN KÖNNEN:

  • „ Man musste das Unmögliche schaffen, in die Vergangenheit zu blicken und gleichzeitig eine Vision für die Zukunft zu haben, ohne der Illusion zu erliegen, dass alles wieder so sein würde wie zuvor.
  • Auch finanzielle Widerstandsfähigkeit war ein Muss, um in turbulenten Zeiten überleben zu können.
  • Bei der Digitalisierung etwa sei Deutschland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone, weder weltweit noch in Europa ein Spitzenreiter, kritisierte Fuest.

<

Über den Autor

Linda Hohnholz

Chefredakteur für eTurboNews mit Sitz im eTN-Hauptquartier.

Abonnieren
Benachrichtigung von
Gast
0 Ihre Nachricht
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
0
Würde deine Gedanken lieben, bitte kommentieren.x
Teilen mit...